Künstliche Intelligenz in der finanziellen Steuerung von Gemeinden – Potenziale und Praxisbeispiele

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Künstliche Intelligenz (KI) ist längst nicht mehr nur ein Trendthema der Privatwirtschaft. Auch in der öffentlichen Verwaltung wächst das Interesse an datenbasierten Systemen, die bei der Arbeit unterstützen können. Im Rahmen des Workshops «Chancen und Risiken von KI für die finanzielle Steuerung von Gemeinden» am Next Gen Event wurde dieses Thema gezielt beleuchtet: Was ist KI? Was kann KI heute? Wo steht die öffentliche Verwaltung? Und welche Lösungen gibt es bereits?

Der technologische Hintergrund: Was ist eigentlich KI – und wie funktioniert sie?

Künstliche Intelligenz ist ein Sammelbegriff für viele Technologien. Manche Systeme arbeiten mit einfachen Rechenmodellen wie linearen Regressionen, andere verwenden komplexe neuronale Netze, die aus riesigen Datenmengen Muster erkennen. In den letzten Jahren haben insbesondere Sprachmodelle (häufig auch LLMs, Large Language Models, genannt) grosse Aufmerksamkeit erlangt. Bekannte Beispiele sind ChatGPT oder Claude. Diese Programme können Texte verstehen und generieren und ermöglichen damit eine neue Art der Interaktion mit digitalen Informationen.

Abbildung: Künstliche Intelligenz umfasst viele Teilbereiche. Sprachmodelle wie ChatGPT (LLMs) sind nur ein kleiner Ausschnitt innerhalb eines breiten technologischen Spektrums – von einfachen Regressionsmodellen bis zu generativer KI.

Vereinfacht gesagt erkennen solche Modelle sprachliche Strukturen, häufige Wortverbindungen, Bedeutungszusammenhänge und typische Satzmuster. Dabei handelt es sich nicht um echtes Verstehen im menschlichen Sinn, sondern um das Berechnen von Wahrscheinlichkeiten. Trotzdem entstehen so Antworten, die oft erstaunlich präzise und hilfreich sind – insbesondere, wenn sie mit Fachwissen und klar formulierten Aufgabenstellungen (Prompts) kombiniert werden.

Für die öffentliche Verwaltung ergeben sich daraus zahlreiche mögliche Anwendungen: Von der automatisierten Erstellung von Berichten bis hin zur Unterstützung bei rechtlichen oder finanziellen Fragestellungen. Wichtig ist jedoch, dass solche Systeme kontrolliert, nachvollziehbar und datenschutzkonform eingesetzt werden.

Beispiele aus der Praxis: Wie Gemeinden und Städte heute schon mit KI arbeiten

Im Workshop wurden mehrere Lösungen vorgestellt, die bereits erste Praxiserfahrungen mit KI zeigen.

Automatisierte Erstellung von Jahres- und Budgetberichten

Ein Beispiel war automatisierte Erstellung von Jahres- und Budgetberichten auf Basis von ERP-Daten. Dafür stellen Gemeinden strukturierte Auszüge aus ihren ERP-System (Erfolgsrechnungen, Bilanzen etc.) zur Verfügung.

Die gelieferten Daten werden automatisiert verarbeitet und in einheitliche grafische Darstellungen überführt, die direkt für den Finanzbericht verwendet werden können. Zusätzlich erzeugt ein KI-System passende Textbausteine, die typische Berichtselemente abdecken. Um die Qualität dieser generierten Texte sicherzustellen, erhält die KI nur die Informationen aus dem Datensatz. So wird verhindert, dass Inhalte ergänzt werden, die nicht auf den realen Zahlen basieren (sogenannte «Halluzinationen»).

Das Ergebnis ist zum einen ein klassischer Word-Bericht (Beispiel), der grafisch wie sprachlich klar und verständlich aufgebaut ist. Zum anderen entsteht ein interaktives Dashboard (Beispiel), das von der Gemeinde direkt auf ihrer Website eingebunden werden kann. Dieses Dashboard ermöglicht es Bürgerinnen und Bürgern, zentrale Finanzkennzahlen schnell und übersichtlich einzusehen – und bei Bedarf interaktiv zu vertiefen.

GemeindeGPT

Ein zweites Beispiel war «GemeindeGPT«, eine gezielte für die Bedürfnisse von Gemeinden entwickelte Lösung. Hierbei wird ein Sprachmodell (LLM) lokal betrieben, also nicht über eine Cloud, und greift auf eine interne Wissensdatenbank zurück. Die Besonderheit: das System nutzt ausschliesslich geprüftes Wissen aus der Verwaltung. Damit lassen sich viele Standardaufgaben unterstützen, etwa das Schreiben von Rückerstattungsverfügungen, Einladungen oder Bürgerantworten. Eine eingebaute Anonymisierung sorgt dafür, dass sensible Daten geschützt bleiben, auch wenn externe Sprachmodelle wie ChatGPT oder Claude verwendet werden. Die Prompt-Bibliothek, eine Sammlung von textlichen Vorlagen, ist flexibel anpassbar und kann von den Mitarbeitenden selbst erweitert werden.

WintiGPT

Als drittes Praxisbeispiel wurde die Stadt Winterthur vorgestellt. Dort wurden gleich mehrere spezialisierte GPT-Modelle entwickelt. WintiGPT beantwortet Fragen rund um die städtische Website und stellt Informationen zu Angeboten, Verfahren und Zuständigkeiten. Noch spezifischer ist WintiErlasseGPT, das sich auf die Erlass-Sammlung der Stadt spezialisiert ist. Damit lassen sich Reglemente, Verordnungen oder andere rechtliche Dokumente schnell durchsuchen und verständlich zusammenfassen. Beide Modelle zeigen, wie sich bestehendes Verwaltungswissen für Mitarbeitende und Bürgerinnen und Bürger digital erschliessen lässt.

Die Diskussion im Workshop: Interesse ist gross, aber es bleiben offene Fragen

Im Austausch mit den Teilnehmenden wurde deutlich: Das Thema Künstliche Intelligenz weckt grosses Interesse, viele Gemeinden und Städte stehen aber noch ganz am Anfang. Der produktive Einsatz von KI ist heute noch selten, das Interesse an praktischen Lösungen jedoch hoch.

Wichtig war den Teilnehmenden vor allem, dass neue KI-Lösungen in bestehende Systeme integriert werden können. Niemand möchte mit zusätzlichen Plattformen oder parallelen Arbeitsweisen konfrontiert werden. Zudem wurde mehrfach betont, dass Daten möglichst lokal, und nicht auf externen Servern, verarbeitet werden sollten. Datenschutz und die Kontrolle über eigenen Informationen bleiben zentrale Voraussetzungen für Vertrauen.

Fazit

Künstliche Intelligenz kann eine wichtige Unterstützung für die Finanzsteuerung und das Rechnungswesen in Gemeinden sein. Sie hilft, Daten besser zu verstehen, Texte schneller zu erstellen und komplexe Zusammenhänge einfacher darzustellen und operative Tätigkeiten zu erledigen. Die vorgestellten Beispiele zeigen, dass der Einstieg möglich ist.

Noch steckt vieles in der Aufbauphase. Es braucht Zeit, Erfahrung und klare Anforderungen. Doch gerade durch Pilotprojekte und offene Diskussionen kann der Grundstein gelegt werden, damit Gemeinden nicht nur von KI hören, sondern auch konkret davon profitieren.

Dieser Beitrag wurde aus den intensiven Diskussionen und aufschlussreichen Erkenntnissen der Workshops des 5. Next Gen Swiss Public Finance Events am 25. April 2025 inspiriert, das sich dem Thema «Finanzielle Führung im Wandel: KI, Megatrends, Kommunikation und Finanzierungsstrategien» widmete.

Autoren: Sophie Moser (swiss smart media), Luca Mazzotta (publicXdata), Mirjana Savic (Stadt Gossau)