Fünf Fehler, die Sie bei der Präsentation Ihres Jahresberichts vermeiden sollten

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Öffentliche Finanzen, Buchhaltung, Rechnungslegung – das klingt für viele zunächst technisch, abstrakt oder schlicht überfordernd. «Das ist nichts für mich», «langweilig» oder «zu kompliziert» mögen sich viele Bürger:innen denken.

Schade eigentlich. Denn gerade die finanzielle Berichterstattung ist eine wichtige Grundlage für Transparenz, Mitbestimmung und Vertrauen in der Demokratie. Sie zeigt, wie ein Gemeinwesen mit Steuergeldern umgeht, welche Prioritäten es setzt und wo Investitionen geplant sind.

Ein Blick in die Praxis

Der Jahresbericht einer mittelgrossen Gemeinde im Kanton Aargau mit rund 8’000 Einwohner:innen umfasst 121 Seiten – voll mit Tabellen, Kontonummern, Fachbegriffen und komplizierten Sätzen. Auf viele  wirkt er eher abschreckend als einladend.

Schon auf Seite 1 findet sich ein Satz wie dieser:

«Im Rahmen der Einführung von HRM2 wurde unter anderem das Verwaltungsvermögen nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen und nach dem True and Fair View-Prinzip neu bewertet.»

Was heisst das konkret? Für Bürger:innen ohne Hintergrundwissen in öffentlicher Buchhaltung ist das kaum verständlich. Begriffe wie HRM2, Verwaltungsvermögen oder True and Fair View klingen eher nach Wirtschaftsprüfung als nach Gemeindealltag.

Doch übersetzt heisst das einfach: «Die Gemeinde hat neu berechnet, wie viel ihre Gebäude, Strassen, Fahrzeuge oder technischen Geräte wert sind – also alles, was sie für ihre Arbeit braucht. Dabei wurde nach neuen, einheitlichen Regeln vorgegangen, damit die Zahlen möglichst realistisch und vergleichbar sind.»

Sechs konkrete Hebel für bessere Verständlichkeit

Der Blick in die Praxis offenbart verschiedene Optimierungspotentiale, um die finanzielle Transparenz und Rechenschaft zu verbessern. Folgende sechs Optimierungspotentiale stehen dabei im Vordergrund:

1. Big Picture zuerst – das Wesentliche auf den Punkt bringen

Beginnen Sie die Jahresrechnung mit einem prägnanten Management- oder «Budget-Summary». Der Einstieg sollte die zentralen finanziellen Entwicklungen übersichtlich und verständlich zusammenfassen. Beantworten Sie die wichtigsten Fragen:

  • Wie steht die Gemeinde finanziell da?
  • Welche Trends und Veränderungen sind erkennbar?
  • Welche finanzpolitischen Ziele werden verfolgt?

Im Fokus stehen die Eckwerte der finanziellen Führung und nicht die Detailzahlen. Es geht um Orientierung, nicht um Vollständigkeit. Ein gut gestalteter Einstieg schafft Relevanz und weckt Interesse für die weiteren Inhalte.

2. Details in den Anhang – wesentliche Aussagen in den Hauptteil

Viele Jahresberichte folgen einer Gliederung nach institutionellen Einheiten, Funktionen oder Kostenarten – manchmal auch allem gleichzeitig. Häufig ist diese Struktur durch gesetzliche Vorgaben mitgeprägt. Doch in der Regel lassen diese Vorgaben Gestaltungsspielraum zu.

Der Hauptteil muss also nicht wie ein ausführliches «Buchungsjournal» aufgebaut sein. Statt alle Detailinformationen aufzuführen, können diese in den Anhang ausgelagert werden. Im Hauptteil hingegen sollte der Fokus auf den wesentlichen Aussagen und Entwicklungen liegen:

  • Welche Ziele wurden erreicht?
  • Welche Leistungen wurden erbracht?
  • Was hat das gekostet?

Idealerweise wird die finanzielle Berichterstattung inhaltlich mit dem Geschäftsbericht verzahnt – so entsteht ein ganzheitliches Bild der Verwaltungsleistung. Ausführliche Tabellen, Berechnungen und technische Erläuterungen gehören in den Anhang. Das erhöht die Verständlichkeit und senkt die Einstiegshürde – für Bürger:innen ebenso wie für politische Entscheidungsträger:innen.

3. Visualisieren statt beschreiben – Grafiken erhöhen die Aussagekraft

Komplexe Sachverhalte lassen sich oft leichter durch Visualisierungen erfassen als durch lange Textpassagen. Einfache, gut gestaltete Grafiken – z. B. mit Tools wie Datawrapper – schaffen Klarheit und helfen beim Verständnis. Weniger ist hier mehr: Verständlichkeit geht vor Detailtiefe.

Immer mehr Gemeinden gehen einen Schritt weiter und publizieren ihre Jahresberichte auch als interaktive Online-Version. So können Leser:innen gezielt Themen auswählen, Daten filtern oder Visualisierungen direkt verstehen – ganz ohne PDF-Wüsten.

4. Fachbegriffe erklären – Hürden abbauen

Wissenschaftliche Studien zeigen: Bürger:innen interessieren sich durchaus für die Jahresberichte ihrer Gemeinde (vgl. z. B. Haustein et al. 2021). Doch viele scheitern an der Interpretation der Inhalte – sei es aufgrund komplexer Zusammenhänge oder unverständlicher Fachbegriffe. Die Finanzkompetenz in der Bevölkerung wird dabei oft überschätzt.

So ergab eine vergleichende Studie aus Deutschland und Finnland, dass 57 % der befragten Bürger:innen nicht beurteilen konnten, ob ihre Gemeinde im Haushaltsjahr einen Gewinn oder einen Verlust erzielt hatte (Haustein et al. 2021). Diese Zahlen verdeutlichen die grosse Kluft zwischen Berichtsinhalten und deren Verständlichkeit.

Finanzielle Zusammenhänge und Fachbegriffe müssen aktiv erklärt werden. Begriffe wie «Abschreibungen», «Rückstellungen», «Aktiven» oder «Passiven» sind für Fachleute selbstverständlich – für viele Bürger:innen jedoch nicht. Erklären Sie solche Begriffe direkt im Text oder in einem Glossar.

5. Zahlen mit Leben füllen – Geschichten erzählen

Jahresrechnungen und Budgets sind weit mehr als abstrakte Zahlenreihen. Hinter jeder Zahl stehen konkrete Vorhaben, politische Entscheidungen und ein Nutzen für Bürger:innen.

Dabei geht es nicht in erster Linie darum, welches Amt welche Leistung erbracht hat oder um wie viel ein Budget überschritten wurde. Im Zentrum sollten übergeordnete politische Ziele, strategische Schwerpunkte und die Frage stehen: Wie profitieren die Menschen oder Unternehmen von den eingesetzten Mitteln?

Eine inhaltliche Verknüpfung von Jahres- und Geschäftsbericht ist daher sinnvoll. Im Zentrum stehen folgende Fragen:

  • Welche Projekte und Investitionen wurden realisiert?
  • Welche politischen Ziele wurden erreicht – und welche nicht? Warum?
  • Welche Bevölkerungsgruppen profitieren konkret?

Anschauliche Beispiele, persönliche Perspektiven und kurze Fallgeschichten emotionalisieren abstrakte Zahlenreihen und machen öffentliche Leistungen greifbar. So wird der Finanzbericht nicht nur verständlicher, sondern auch einprägsamer.

6. Fokus setzen – gezielt vertiefen

Allenfalls lohnt es sich, pro Jahr ein bis zwei inhaltliche Schwerpunkte zu setzen. Das können bedeutende Investitionen, strategische Grossprojekte oder politische Fokusthemen sein – etwa Klimaschutz, Bildung oder Digitalisierung. Ebenso denkbar ist es, im Wechsel einzelne Ämter oder Departemente in den Fokus zu rücken.

Diese thematische Vertiefung schafft Raum für zusätzliche Einblicke, beispielsweise mittels Interviews, Projektausführungen oder Hintergrundinformationen. Das erhöht die Relevanz und macht den Bericht nicht nur informativer, sondern auch lesenswerter.

Fazit

Es zeigt sich: Schon mit einfachen Mitteln lässt sich die Finanzkommunikation verbessern. Wer gezielt auf Verständlichkeit, Struktur oder Visualisierungen setzt, macht finanzielle Informationen für alle zugänglicher. Dieser Guide bietet praxisnahe Impulse, konkrete Tipps und Werkzeuge für eine moderne, transparente und wirksame Finanzkommunikation im öffentlichen Sektor.

Quellen

Haustein, E., Lorson, P. C., Oulasvirta, L. O., & Sinervo, L. M. (2021). Perceived usability of local government (LG) financial statements by local councillors: Comparative study of Finland and Germany. International Journal of Public Sector Management34(4), 441-458.

Dieser Beitrag wurde aus den intensiven Diskussionen und aufschlussreichen Erkenntnissen der Workshops des 5. Next Gen Swiss Public Finance Events am 25. April 2025 inspiriert, das sich dem Thema «Finanzielle Führung im Wandel: KI, Megatrends, Kommunikation und Finanzierungsstrategien» widmete.

Autoren: Sandro Fuchs (ZHAW), Michelle Faesch (Gemeinde Rüti)